DISKUSSIONSforum

25.10.2013 (20:00 - 22:00)

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1. Worldwide Reading für Michail Chodorkowski

Mit der Teilnahme an der vom Literaturfestival Berlin initiierten Worldwide Reading solidarisiert sich der SALON EXIL mit Michail Chodorkowski, der 2005 wegen diverser Wirtschaftsverbrechen, vor allem aber wegen seiner missliebigen politischen Haltung zu neun sowie 2009 in einem zweiten Prozess, bei dem es größtenteils um dieselben Anklagen ging, zu weiteren sechs Jahren  Lagerhaft verurteilt wurde. In der Haft schrieb Chodorkowski mehrere Bücher, die auch auf Deutsch erschienen sind.

Es liest SERGEJ GLADKICH.

2. Zhou Qing spricht über Menschenrechte und Meinungsfreiheit in China und zeigt Videomaterial von seiner kürzlichen illegalen Reise in sein Heimatland.

Zhou Qing ist nach seinem Auftritt im Januar 2011 schon zum zweiten Mal im SALON EXIL zu Gast. Damals erzählte er von seinen Erfahrungen als Häftling, dessen Aufgabe es war, zum Tode verurteilen Mitgefangene auf die Urteilsvollstreckung vorzubereiten. Das beschreibt er auch in seinem bewegenden Bericht mit dem Titel Unter lebenden Toten in der Anthologie Fremde Heimat. Texte aus dem Exil, die wir bei dieser Gelegenheit vorstellen wollen. Diesmal wird er über die aktuelle Situation in seiner Heimat berichten, speziell im Hinblick auf die Menschenrechte und der Freiheit des Wortes.

Der Literaturwissenschaftlier, Volkskundler, Experte für Oral History und Journalist Zhou Qing, geboren 1965 in Xi’an in der Provinz Shaanxi, wurde im Juni 1989 nach dem Tiananmen-Massaker festgenommen, weil er zu den protestierenden Studenten gehörte, und zu zwei Jahren Haft verurteilt. Da er sich der „Umerziehung“ verweigerte und sogar einen Fluchtversuch wagte, kamen noch einmal acht Monate hinzu, sodass er fast drei Jahre in Gefängnissen und Arbeitslagern verbrachte.

Als kritischer Schriftsteller, Dokumentarist und investigativer Journalist beschäftigt sich Zhou Qing mit den Auswirkungen der demokratiefeindlichen, turbokapitalistischen Politik der Kommunistischen Partei Chinas auf die Bevölkerung und packt dabei immer wieder heiße Eisen wie Korruption, Filz und Lebensmittelskandale an. 2006 erschien in Hong Kong sein Buch What Kind of God – China Food Safety. Das Buch wurde zum Bestseller. Für die Reportage, auf der es basiert, wurde Zhou Qing 2006 mit dem Lettre Ulysses Award for the Art of Reportage geehrt und erhielt dafür auch zahlreiche weitere Preise und ist ein im In- und Ausland anerkannter Autor und Wissenschaftler. Die Staatsmacht war von seinen vielfältigen Aktivitäten und systemkritischen Publikationen wenig erbaut. Er wurde wiederholt von der Geheimpolizei vorgeladen und war mehr als einmal Opfer brutaler Polizeigewalt. 2009 entzog er sich einer drohenden erneuten Verhaftung und suchte Zuflucht in Deutschland, wo er bis drei Jahre Stipendiat des Writers-in-Exile-Programms des PEN-Zentrums Deutschland war. Inzwischen lebt er als freier Journalist und Schriftsteller in Berlin.

Zhou Qing zeigt Teile seines Materials für einen geplanten Dokumentarfilm über die sogenannte Rowdy-Bande, eine Gruppe von Dichtern und  Künstlern, die 1983 in seiner Heimatstadt Xi’an als angebliche Hooligans verhaftet wurden. Zwei ihrer Mitglieder, ein Fotograf und eine Tänzerin, wurden dabei erschossen, andere, darunter der bekannte Schriftsteller und Drehbuchautor Lu Wei, wurden zu Gefängnisstrafen verhaftet. In diesem Jahr jährt sich dieses Ereignis zum 30. Mal, ohne dass das offizielle China davon Notiz nehmen würde. Aus diesem Grund plant Zhou Qing aus den insgesamt 47 Stunden Videomaterial, die er von seiner heimlichen Reise mitgebracht hat, einen Dokumentarfilm zu machen und außerdem ein Buch über die Gruppe zu schreiben.

 

Moderation: CHRISTA SCHUENKE

literarische Übersetzerin, ehemalige Vizepräsidentin und, Writers-in-Exile-Beauftragte des PEN-Zentrums Deutschland

Dolmetscher: Fang Yu

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